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Tizian im Frankfurter Städel

Wenn man schon einen der ganz großen Maler und seine Kollegen der frühen Neuzeit in der Nähe geboten bekommt, so sollte man sich auf den Weg machen. So konnte der Tutorkurs Geschichte Q2 g26 am Donnerstag, dem 04.04.2019, die Ausstellung „Tizian und die Renais-sance in Venedig“ erleben: Dem Städel, spätestens mit dem österreichischen Kurator Max Hollein in der Spitzengruppe der internationalen Gemäldegalerien angelangt, konnte neben einigen Ölgemälden von Tizian auch viele seiner Zeitgenossen wie Giovanni Bellini, Giorgio-ne, Paolo Veronese oder Jacopo Tintoretto in einer Schau zusammentragen, wobei die Leihga-ben aus dem Louvre in Paris, den Gemäldegalerien von Dresden, Wien, Warschau, aber auch aus der Ferne wie z.B. Los Angeles kamen.

Im Wissen, solche großen thematischen Ausstellungen vielleicht in ein paar Jahren nicht mehr geboten zu bekommen, weil es Infrastruktur, Gemäldeschutz, besonders aber die horrenden Versicherungssummen nicht mehr zulassen werden, ließ man sich gerne auf das kunstge-schichtliche Abenteuer ein, eine Zeitreise in das Venedig der Renaissance anzutreten, um die Themenvielfalt der größten Künstler der Lagunenstadt kennenzulernen.

Die Eintrittskarte zeigte Tizians „Bildnis eines jungen Mannes“ (um 1510). Es handelt sich um ein nur 20 x 17 cm großes Ölgemälde auf Pappelholz, welches zum Besitz des Städel gehört – neben einigen Zeichnungen übrigens das einzige Tizian-Ölgemälde in Frankfurt. Ebenso im Besitz des Städel: das großformatige Ölgemälde „Zwei ruhende Nymphen“ (um 1510-15) von Jacopo Palma il Vecchio, wo uns die formvollendete Harmonie und Idylle faszinierte.

Um ein wenig mehr an kunstgeschichtlichem Verständnis zu gewinnen, hatte man sich im Vorfeld unter mehreren Führungen für folgendes Thema entschieden, welches durch eine junge, sympathische Kunststudentin näher gebracht wurde, wobei auch der Austausch mit den Schülern nicht zu kurz gekommen ist: „Dynamik, Bewegung, Farbe, Innovationen der Malerei“ So galt es anhand ausgewählter Werke der venezianischen Künstler deren dynamische Pinsel-striche, das Spiel mit Licht und Schatten, die naturgetreue Darstellung von Materie und Organismus sowie prächtiger Stoffe (Stichwort Faltenwurf!) zu studieren.

Die Schüler konnten mit auf eine Zeitreise genommen werden und dabei lernen: Worin waren diese Künstler innovativ? Wie konnten sie diese atmosphärische Wirkung entfalten? Worin unterschieden sie sich von der Konkurrenz, z.B. den Künstlern aus Florenz (Hoch-Renaissance: Michelangelo, Botticelli)? Aktive Teilnahme an Diskussionen um einige typische Stilmittel, dargestellte Sujets und kreative Experimente mit Farben und deren Wirkung rundeten die Führung ab. Zuvor und danach war aber genug Zeit gegeben, sich einige der dauerhaft ausgestellten Werke aus allen Epochen anzuschauen: von Monet und Picasso bis hin zu Tischbeins „Goethe“ mit den zwei linken Füßen … Aber das ist eine andere Geschichte.

Den Schülern des Kurses sei Dank für Ihre gute Teilnahme und ihr reges Interesse an diesem besonderen Kunstgenuss, der ihnen die historisch einzigartige Situation in der Frühneuzeit sowie den Anspruch der großen Seemacht Venedig näherbringen konnte. Zur Abrundung der Exkursion nahm man dann eine traditionelle und ortstypische Verköstigung in Sachsenhausen ein. Kunst und Geschichte allein machen dann doch recht hungrig. Begleitet wurde der Ausflug von dem ehemaligen Musikkollegen Norbert Ruppert.

Claudius Brasch, StR