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„Der gute Mensch von Sezuan“ – ein Theaterbesuch der Q2

Die Schülerinnen und Schüler der Q2 (Deutschleistungskurs mit Herrn Baum sowie die Grundkurse mit Frau Kiwitz, Frau Solnitzky und Herrn Ickes) besuchten am 08.02.2024 das Theaterstück „Der gute Mensch von Sezuan“ von Bertolt Brecht im Schlosstheater Fulda.

Laut Brecht bestehe in kapitalistischen Gesellschaften der Grundkonflikt, dass ein Mensch nie gleichzeitig gut zu sich und zu seinen Mitmenschen sein kann. Dieser Konflikt zeigt sich an der Protagonistin des Stückes, Shen Te, besonders deutlich, als drei Gottheiten in die chinesische Provinz Sezuan reisen und ausgerechnet so einen Menschen suchen. Sie wird von ihrem Umfeld als „guter Mensch“ bezeichnet, weil sie anderen Menschen selbstlos und großherzig hilft. Doch dadurch ruiniert sie sich selbst. Um sich zu retten, erfindet sie ihren Cousin, Shui Ta. Wenn sie sich für ihn ausgibt, ist sie in der Lage, egoistisch und unnachgiebig zu handeln, um einen Ausgleich zu schaffen.

Aber ist sie dann der gute Mensch, den die Götter suchen?

Am Ende des Stückes kommt es zum Aufstand und Shui Ta wird vor das göttliche Gericht gestellt. Als Shen Te sich zu erkennen gibt und die Götter um Rat fragt, wie sie nun handeln und leben solle, wird die Situation von diesen schön geredet. Sie wollen Shen Te weiter ausschließlich als den gefundenen guten Menschen sehen und lassen sie mit all ihren Fragen zurück. Auch für das Publikum werden viele Fragen unbeantwortet gelassen, da es sich bei „Der gute Mensch von Sezuan“ um eine offene Form des Dramas, das epische Theater, handelt.

Im Epilog heißt es:

„Wir stehen selbst enttäuscht und sehen betroffen

Den Vorhang zu und alle Fragen offen

In der Inszenierung von Milena Mönch zeigte sich die Religions- und Gesellschaftskritik, die von manchen Schülerinnen und Schülern anhand des Dramas aus dem Jahr 1938 im Vorhinein erarbeitet wurde. Auch typische Verfremdungseffekte, wie das „Prinzip der Demonstration und Desillusionierung“, wurden deutlich. Das Stück lebte von Monologen und Liedern, die an das Publikum gerichtet waren, um die Illusion zu nehmen, dass man ein unmittelbares Geschehen als unbemerkter Beobachter miterleben könne.

Man soll sich nicht mit den Figuren verbunden fühlen und Mitleid o. Ä. für sie empfinden, sondern man muss nach der Aufführung aktiv werden und etwas verändern. Obwohl Brecht diesen Druck vermutlich etwas intensiver und deutlicher vermitteln wollte, wurde, egal ob man das Drama gelesen hatte oder nicht, klar, dass es sich hier um ein Stück handelt, das die Zuschauer dazu zwingt, existierende Dinge zu hinterfragen, sich eine Meinung zu bilden und eine Entscheidung zu treffen.

„Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluss!

Es muss ein guter da sein, muss, muss, muss!“

Für uns war der Theaterbesuch ein Erfolg, da es schon in der Pause zu einem regen Austausch innerhalb unserer Gruppe kam und mögliche Interpretationen auch im anschließenden Unterricht noch ausgetauscht werden konnten. Dafür möchten wir uns neben unseren Lehrkräften auch bei dem Förderverein unserer Schule bedanken, der die Hälfte des Eintrittspreises für uns übernommen hat.

Text: Helena Dersch und Anastasia Kappes, Q2
Fotos: StRn Angelika Kiwitz, Deutsch & Musik